Auf ein Wort

Es reicht!
 
RP-Foto: Andreas Bretz
Jörg Jerzembeck-Kuhlmann macht sich Gedanken über das Ungleichgewicht in der Gesellschaft.

Am vergangenen Sonntag haben wir in unserer Kirche traditionell das Erntedankfest gefeiert. Viele Früchte des Feldes und der Bäume und auch ein paar Konserven waren zu sehen als Hinweise dafür, dass Gott uns alles gibt, was wir zum Leben brauchen. Und ich denke: Die Erde bringt reichlich hervor und könnte alle Menschen sattmachen. Viele aber leben von der Hand in den Mund, haben kaum etwas zu essen und müssen sogar verhungern. Wieso, so frage ich mich, will die Verteilung von Wasser und Lebensmitteln einfach nicht gelingen?

Es reicht nicht. Wenn es auf den Zwanzigsten zugeht, ist teilweise auch hier in Deutschland kaum noch etwas im Kühlschrank und die Mahlzeiten werden karger. Die kleine Rente reicht nicht. Da kommt eine Stadtteil-Initiative wie „Heerdt hilft Senioren“ gerade recht. Einmal im Monat öffnen sich die Türen von unserem Paul-Gerhardt-Haus und es werden ganz unbürokratisch Lebensmittel und Hygieneartikel verteilt. Eine ältere Frau sagt: „Gut, dass es euch gibt. Das hilft mir, bis zum Ende des Monats einigermaßen über dir Runden zu kommen.“

Es reicht! Sagen die Klimaaktivisten und sammeln sich wieder für die nächsten Friday-For-Future-Demos. Greta Thunberg hat es bei dem Jugendklima-Gipfel in Mailand mit einer vernichtenden Bilanz auf den Punkt gebracht: „30 Jahre lang gab es nur blabla.“ Verantwortliche in Politik und Wirtschaft hätten nur schöne Worte gemacht, aber keine Veränderung gegen den Klimawandel herbeigeführt. Und ich denke: Jede Person ist nach dem eigenen Beitrag gefragt: Worauf könnte ich, worauf müsste ich zugunsten eines besseren Klimas verzichten?

Weniger ist mehr. Konzentration auf das Wesentliche empfiehlt der Bergprediger aus Nazareth. Jesus wirbt für ein Leben, das erfüllt ist und gelingen kann. Aber oft stehen wir uns Menschen selbst im Wege. Als Ursache dafür macht er negative Einflüsse fest, wie etwa die Sorge, etwas zu verpassen, oder die Habgier, nicht genug zu bekommen. Deswegen mahnt er: „Gebt acht und hütet euch vor jeder Art von Habgier.“ Weniger ist mehr. Sagt er. Das reicht, bestimmt.

Jörg Jerzembeck-Kuhlmann ist Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Heerdt